Kritik - Elias
Oratorium "Elias" von Felix Mendelssohn-Bartholdy
St. Stephan in Mainz
Höchstmaß an Stimmsicherheit

ORATORIUM Darmstädter Vocalensemble überzeugt mit "Elias" in St. Stephan

Auch wenn der Himmel die Dürre-Prophezeiungen des Elias nicht komplett umsetzte und die Mainzer Dächer während des Konzerts des Darmstädter Vocalensembles mit Regen benetzte, so ließ es die Interpretation des Oratoriums von Felix Mendelssohn Bartholdy keinen Augenblick lang an Glaubwürdigkeit fehlen.

Der „Elias“ gehört zu den dramatischsten Werken des Genres, auch wenn die Gestalter meist der ursprünglichen Intension des Komponisten zuwider handeln, schließlich wollte dieser „nicht aber, um Gottes Willen, ein Tongemälde“ schaffen, sondern den dramatischen Gestus der alttestamentarischen Erzählung betonen.

Dass das eine das andere bei Weitem nicht ausschließt, bewiesen das Vocalensemble Darmstadt gemeinsam mit der Camerata Ludoviciana und einem erlesenen Solistenquartett unter der Leitung von Andreas Boltz mit einer packenden Adaption des Elias-Mythos in St. Stephan.

Dass Boltz das Oratorium mit recht forschem Tempo anging, führte zuweilen zur Kollision mit den akustischen Verhältnissen in St. Stephan. Und auch wenn der Chor mit passgenauer Diktion und eleganter Intonation überzeugte, gerieten die Volks-Chöre an vielen Stellen zum verwischten Aquarell, wobei dieser tonale Impressionismus in den homophon gesetzten Partien geschmackvoll durch einen scharf skizzierten musikalischen Realismus konterkariert wurde.

Die gemischte Aufstellung des Ensembles forderte zudem ein Höchstmaß an Stimmsicherheit wie Konzentration und begünstigte somit einen satten, äußerst homogenen Klang. Besonders schön gelangen hier die klein oder solistisch besetzten Partien.

In der Reihe der Solisten vermochten neben Irmhild Wicking (Alt) und Andreas Wagner (Tenor) vor allem zwei Interpreten zu überzeugen: Der Elias von Bass Johannes Martin Kösters verfügte mit seinem getragenen Timbre über die der Rolle angemessene Autorität und ließ den Aufruf zur Tötung der Baal-Priester zu einem diktatorischen Fanal werden.

Und dann der Sopran Johanna Rosskopps: Mit einer Stimme von unglaublich zarter Intensität gab sie der trauernden Witwe oder den Engelsstimmen ein anrührendes Gesicht und erfüllte das Kirchenschiff mit wunderbarem Klang.

Von Jan-Geert Wolff

Wiesbadener Tagblatt, vom 08.06.2010